Kniechirurgie
Jahresbericht 2022
Unsere Abteilung Kniechirurgie ist das grösste Schweizer Referenzzentrum für den Kniegelenkersatz einschliesslich komplexer Revisionseingriffe. Neben der Prothetik bieten unsere Spezialisten auch das gesamte Spektrum der gelenkerhaltenden Chirurgie. Achskorrekturen, Frakturversorgungen und Knorpelreparaturen gehören genauso dazu wie komplexe Bandrekonstruktionen.
Hohe Fallzahlen als Fundament für hohe Qualität
Dank hoher Fallzahlen und der Spezialisierung unserer Abteilungen verfügt jeder Chirurg über sehr hohe Erfahrung und Routine. So setzten wir alleine im vergangenen Jahr 771 Knietotalprothesen und 174 Teilprothesen ein. Zudem führten wir 140 Knieprothesenrevisionseingriffe durch.
Die hohe Erfahrung erstreckt sich nicht nur auf die Ärzteteams, sondern auch auf andere Abteilungen wie Pflege, Physiotherapie oder OP-Fachleute. Dank der hohen Fallzahlen verfügen sie über eine wertvolle Routine im Umgang mit den verschiedenen Krankheitsbildern.
Als innovative Klinik bleiben wir immer in Bewegung und setzen uns ständig mit den neuesten Technologien und Techniken auseinander. So fanden zum Beispiel im vergangenen Jahr 104 Operationen mit dem Operationsroboter Orthopädie-Roboter «ROSA» statt. Ebenso evaluieren wir fortlaufend den Patientennutzen von neuen OP-Techniken.
Revisionsrate: über dreimal besser als der Schweizer Durchschnitt
Was man häufig tut, das tut man routinierter und besser. Das zeigen auch die Daten im Schweizer Implantatregister SIRIS. Dank diesem lassen sich Daten zur Komplikationsrate einzelner Spitäler und Implantate überwachen und miteinander vergleichen. So zeigt die Schulthess Klinik im aktuellen öffentlich zugänglichen Bericht mit 1 % eine über dreimal tiefere 2-Jahres-Revisionsrate bei Knieprothesen als der Schweizer Durchschnitt (3,4 %), dies bei den schweizweit zweithöchsten Fallzahlen (Siris Rapport 2022; ausgewertete Periode 1.1.2016 bis 31.12.2019).
Das bedeutet, dass nach einer Knieprothesenimplantation in der Schulthess Klinik deutlich weniger Patienten einen Revisionseingriff benötigen als durchschnittlich in Schweizer Kliniken.
Tiefe Infektrate bei primären Knieprothesen
Ein weiteres wichtiges Qualitätsinstrument ist das Schweizerische Register für postoperative Infektionen Swissnoso. Seit 2009 nimmt die Mehrheit der Schweizer Spitäler fakultativ daran teil. Bisher wichtigstes erfasstes Qualitätsmerkmal war die 1-Jahres-Infektrate. Diese beträgt für die aktuelle Auswertungsperiode vom 1. Oktober 2020 bis 30. September 2021 in der Schulthess Klinik 0% (Schweizer Durchschnitt: 0,79%). Im Vergleich zum Vorjahr (0,43%) ist die Infektrate in der Schulthess Klinik gesunken.
Neu erfolgt die Erfassung 90 Tage nach Operation. Für die erste ausgewertete Periode vom 1. Oktober 2021 bis 30. September 2022 liegt die Infektrate bei 0,47%, was in etwa dem Schweizer Durchschnitt (0,43%) entspricht.
In Bewegung mit dem Operationsroboter
Seit knapp zwei Jahren setzt das Team der Kniechirurgie für Operationen regelmässig den Orthopädie-Roboter «ROSA» ein. Dieser unterstützt den Operateur beim Einsetzen von Knieprothesen. Die Hilfestellungen betreffen zum Beispiel die Schnittführung und die Komponentenausrichtung. Das gesamte Team verfügt inzwischen über eine Erfahrung von rund 250 Operationen.
Dabei wird der Nutzen fortlaufend evaluiert. Eine wissenschaftliche Auswertung führten wir bereits durch und erste Publikationen sind im Jahr 2023 zu erwarten. Insbesondere Dr. med. Gregor Baumann ist mit den Erfolgen sehr zufrieden. Die Operationszeit konnte bereits deutlich gesenkt werden, sodass die Dauer des Eingriffs Operationsdauer nur noch etwa 10% länger dauert als bei der Standard-Operation. Die Präzision der Operationsschritte (-Schnitte) ist ausserordentlich hoch. Zudem ist die «virtuelle Komponentenplatzierung», die im Rahmen der Operation durchgeführt wird, ein gutes Lehr-Tool sowohl für Anfänger als auch für fortgeschrittenere Orthopäden.
Wir können noch nicht nachweisen, ob sich diese Operationstechnik auch in einem Vorteil für die Patienten niederschlägt. Allerdings befindet sich die Prothetik derzeit weltweit in einem rasanten Wandel, bei dem Dogmen überprüft und angepasst werden. Insbesondere hier kann der Orthopädie-Roboter einen wichtigen Beitrag leisten, um die bereits guten Resultate weiter zu optimieren.
Verstärkung für das Kreuzband
Nach der Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands kann eine Instabilität bei Drehbewegungen zurückbleiben. Dies kann für den Patienten zu einem schlechteren Ergebnis oder sogar zu einem Versagen der Ersatzplastik führen – eine Herausforderung für den orthopädischen Chirurgen. Anatomische Variationen, Zusatzverletzungen (insbesondere Meniskus), Revisionseingriffe oder eine bereits vorhandene Bandlaxität sind mögliche Gründe für die verbleibende Instabilität.
In den letzten 10 Jahren ist eine Struktur am Kniegelenk, die zuvor eher in Vergessenheit geraten war, wieder in den Fokus von Chirurgen und Wissenschaftlern gerückt: Das anterolaterale Ligament (ALL). Viele Studien belegen, dass diese Struktur einen Beitrag zur Stabilisierung in der Drehbewegung leisten kann. Eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes geht sehr häufig mit einer Verdrehung des Kniegelenkes einher und es kann zu einer Verletzung des ALL kommen.
Bisher war es Praxis, solche Patienten und auch solche mit einem erneuten Riss des Kreuzbandes mit einer zusätzlichen Stabilisierung vorne und seitlich zu versorgen. Dazu stehen verschiedene Operationstechniken zur Verfügung, die in Studien vergleichbar gute Ergebnisse aufzeigen. Neueste und breit anerkannte Daten zeigen nun, dass auch besonders junge, sportlich aktive Patienten ohne Instabilität von einer solchen zusätzlichen anterolateralen Stabilisierung profitieren. Durch dieses Verfahren lässt sich das Risiko eines erneuten Risses bis um das Vierfache senken.
Deshalb versorgen wir zunehmend Patienten im Rahmen einer Erstoperation mit dieser Technik und besprechen dies jeweils individuell. Die bisherigen Ergebnisse sind sehr vielversprechend: «Die Patienten zeigten subjektiv und objektiv in den Nachkontrollen eine gute Stabilität und Kraftentwicklung, ohne Einschränkung der Beweglichkeit oder vermehrte Schmerzen,» erklärt Prof. Dr. med. Michael Worlicek, der vergangenes Jahr zahlreiche Patienten so behandelt hat. «Somit zeigt der zusätzlich notwendige kleine Schnitt eine gute Wirkung. Ob sich damit auch die Langzeitergebnisse verbessern, wird die Zukunft mit wissenschaftlichen Resultaten zeigen.»
So gilt auch für die Kniechirurgie: Wir bleiben im Sinne des Patienten stets in Bewegung und stützen uns dabei auf ein starkes Fundament aus Erfahrung und Wissenschaft.