Behandlung Sakralblock (Peridurale Infiltration an der Wirbelsäule)
Rückenschmerzen, Bewegungseinschränkungen, Lähmungserscheinungen und auftretende Beschwerden über längere Gehdistanzen schränken die Lebensqualität ein. Oft ist es nicht einfach, deren Ursache sofort zu erkennen. Welche Ursachen aber können Rückenbeschwerden oder zunehmende Beschwerden bei längeren Gehdistanzen haben?
Woher kommen die Beschwerden? Aus dem Knochen selbst, den Bandscheiben, den Gelenken, den Bändern, der Muskulatur oder liegt ein enger Spinalkanal vor? Als Ursache kommen infrage: alterungsbedingt zunehmende Abnützungserscheinungen wie Arthrosen oder Bandscheibenveränderungen oder akute Veränderungen an der Wirbelsäule, zum Beispiel durch einen Unfall oder eine Verletzung verursacht. Der Weg zur Diagnose ist manchmal kurz und direkt, manchmal aber auch langwierig und aufwendig.
Schmerzen und Bewegungseinschränkung
Schmerzen im Zusammenhang mit der Wirbelsäule können akut nach Überbelastung oder nach einer Verletzung auftreten. Die Intensität der Schmerzen kann aber auch langsam zunehmen. Schmerzsymptome haben verschiedene Charaktere. Sie machen sich in unterschiedlichem Rhythmus bemerkbar und die Lokalisation (punktuell an Ort oder mit Ausstrahlung) kann variieren. Zudem verändert sich die Schmerzintensität ebenso wie das Empfinden. Schmerzen, die länger andauern, müssen in jedem Fall genau abgeklärt werden.
Eine Zunahme von Bewegungseinschränkungen an der Wirbelsäule ist im Rahmen des Alterungsprozesses normal. Ist die Behinderung zu stark und auch schmerzhaft, sollte der Ursache nachgegangen werden.
Lähmungserscheinungen und Einschränkungen bei längeren Gehdistanzen
Lähmungserscheinungen (Schwäche der Muskulatur), die typischerweise akut oder langsam im Gesässbereich, am Rumpf oder an den Beinen entstehen, sowie Störungen beim Wasserlösen oder Stuhlgang können ihre Ursache in Veränderungen des Spinalkanals haben. Bei den Untersuchungen müssen die Einflüsse des Gehirns, der gesamte Verlauf des Rückenmarks, der Zustand der Wirbelsäule selbst, aber auch die altersentsprechende und effektive körperliche Verfassung beachtet werden. Ganzheitliche Abklärungen sind notwendig, da die Ursachen auch anderswo liegen können.
Sakralblock (Peridurale Infiltration)
Die peridurale Infiltration und der Sakralblock sind zwei etablierte Interventionen zur Diagnostik und/oder Therapie. Die Intervention kann sowohl vom lumbalen Zugang her (auf Wirbelsegmenthöhe = peridurale Infiltration) als auch via Kreuzbeinkanal (Sakralblock) erfolgen. Die wichtigsten Gründe, diese Art der Infiltration durchzuführen, (Indikationen) sind das akute lumboradikuläre Syndrom und die Spinalkanalstenose lumbal (Verengung des Wirbelsäulenkanals in der Region der Lendenwirbelsäule).
Diagnostischer Sakralblock
Der Sakralblock ist ein wertvolles Diagnoseinstrument, um herauszufinden, ob verengende Strukturen beim Spinalkanal oder bei den Nervenabgängen die Ursache für die Beschwerden sind. Nach klinischer Beurteilung und bildgebenden Verfahren mittels Röntgenbildern, CT (Computertomografie) oder MRI (Magnetresonanztomografie) geht es um die Sicherstellung der Diagnose. Dafür eignet sich der Sakralblock. Mittels der Infiltration durch das Kreuzbein kann erreicht werden, dass der Innenraum des Wirbelsäulenkanals (Spinalkanal) um den sich darin aufspannenden Sack der Rückenmarkshäute (Nervenbündel liegen in diesem Sack) umspült wird. Damit können die den Innenraum (Spinalkanal) verengenden Strukturen beeinflusst werden, nicht aber Verengungen durch Knochenwachstum (Osteophyten).
Therapeutischer Sakralblock
Der Sakralblock dient auch therapeutischen Zwecken und kann mehrmals pro Jahr durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Diagnose gesichert ist, die Beschwerden mehrheitlich oder vollständig – oder zumindest vorübergehend – verschwunden sind und keine Lähmung vorliegt. Gleichzeitig muss der Arzt die Situation beurteilen und den Patienten entsprechend darüber beraten, ob nicht doch mit einer Operation ein besseres Resultat erreicht werden könnte.
Vorgang
Der Sakralblock und auch die epidurale Infiltration sind nicht schmerzfrei. Sie werden aber im Allgemeinen sehr gut vertragen. Die meisten Patienten bewerten den Sakralblock rückblickend als weniger schmerzhaft, als sie zuvor angenommen haben. Eine gute Kommunikation mit dem Arzt sowie eine möglichst entspannte Haltung bei der Infiltration erleichtern den Vorgang erheblich.
Bei Antikoagulation (Blutverdünnung, bei welcher ein Quick oder INR-Wert als Kontrolle im Verlauf nötig ist) kann der Sakralblock wegen Blutungsgefahr in den Wirbelsäulenkanal nicht durchgeführt werden. Der Sakralblock wird üblicherweise in speziell dafür eingerichteten Infiltrationszimmern der Schulthess Klinik unter Röntgenkontrolle (Bildverstärker) durchgeführt.
Lagerung
Der Sakralblock (Infiltration in den Hiatus canalis sacralis) erfolgt in Bauchlage durch die untere Öffnung des Kreuzbeinkanals (Hiatus canalis sacralis). Diese liegt im oberen Bereich der Gesässfalte (Rima anii) zwischen den beiden kleinen Knochenvorwölbungen (Cornua sacralia).
Aufsuchen des Kreuzbeinkanals
Mit der Infiltrationsnadel wird der Kreuzbeinkanal (Hiatus canalis sacralis) mittels Röntgenkontrolle (Durchleuchtung mit BV) aufgesucht und in der Folge die Nadel in den Kanal vorgestossen.
Darstellung des Kreuzbeinkanals mit Kontrastmittel
Der korrekte Sitz der Nadel wird mit einer Kontrastmittelinjektion überprüft. So kann der Kreuzbeinkanal bis zum Wirbelsäulenkanal und dieser selbst dargestellt werden.
Injektion in den Kreuzbeinkanal
Nach Überprüfung des korrekten Nadelsitzes werden das Injektionsgemisch (lang wirksames entzündungshemmendes Kortikosteroid), ein Lokalanästhetikum sowie physiologische Kochsalzlösung verabreicht. Dabei kann ein Druckgefühl und oder ein Ausstrahlen auftreten, entsprechend den beklagten Symptomen. Diese verschwinden aber rasch wieder.
Nachbehandlung
Direkt nach dem Sakralblock empfehlen wir Ihnen in der Regel, dass Sie sich für 30 bis 60 Minuten im Behandlungszentrum überwachen und betreuen lassen. Danach können Sie in Begleitung (vor allem bei älteren Personen und nach dem ersten Sakralblock) nach Hause gehen.
In der Regel vereinbaren wir, dass Sie sich fünf bis sieben Tage nach der Infiltration bei uns telefonisch melden und über die Wirkung Auskunft geben. Oder wir definieren sofort einen Termin für die Nachkontrolle und die Besprechung des weiteren Vorgehens.
Erfolgschancen
Die Wirksamkeit der diagnostischen und/oder therapeutischen periduralen Infiltrationen oder Sakralblöcke ist in der Regel gut. Dass bei einigen Patienten direkt nach dem Sakralblock bereits eine Besserung eintritt, ist auf die Verwendung des Lokalanästhetikums und den Volumeneffekt zurückzuführen. Die Hauptwirkung durch das injizierte Medikament tritt erfahrungsgemäss erst 24 bis 72 Stunden, allenfalls auch bis sieben Tage später ein. Sie wird auf eine lokale Entzündungshemmung und Abschwellung zurückgeführt.
Bei einer akuten Diskushernie ohne Gefühls- oder Kraftausfälle kann so die sehr schmerzhafte Anfangsphase überbrückt werden. Epidural applizierte Kortikosteroide bringen bei Diskushernienpatienten oft eine deutliche Besserung der Schmerzen und der Funktion mit sich. Bei Patienten mit Spinalwurzelkompression fand man eine signifikante Besserung bezüglich der Schmerzen und der Lebensqualität. Auch bei 83 Prozent der Patienten mit einer Lumboischialgie zeigte sich eine ausgezeichnete Wirkung, die allerdings nach einem Jahr Follow-up auf einen Anteil von 63 Prozent sank.
Bei der Wirbelsäulenkanalverengung, Claudiacatio spinalis («Schaufensterkrankheit»), können Patienten mit einem Sakralblock über Monate beschwerdefrei oder zumindest beschwerdeärmer werden, sodass in vielen Fällen eine Operation zumindest hinausgezögert, teilweise sogar vermieden werden kann.
Die Schulthess Klinik führt bereits seit 1993 regelmässig Infiltrationen durch. Bisher konnten wir keine ernsten Komplikationen beobachten, insbesondere keine Schädigung der Nerven oder gar des Rückenmarks. Auch kam es bisher nie zu schwerwiegenden Entzündungen. Wir betrachten diese Technik, wenn sie von einem erfahrenen Arzt angewendet wird, als sichere Methode, die bei entsprechenden Indikationen mit gutem Erfolg angewendet werden kann.
Bei der Durchführung von Infiltrationen stützen wir uns auf die Forschung von N. Bogduk und S. Lord, zwei Pionieren in diesem Bereich, welche diese Technik erstmals beschrieben haben und Anfang der 1990er-Jahre auf Einladung in der Schulthess Klinik bei uns eingeführt haben.
Risiken und Komplikationen
Nebenwirkungen und insbesondere Komplikationen sind äusserst selten. Gelegentlich reagiert ein Patient stark vegetativ, das heisst, es kann zu kurzfristigem Blutdruckabfall mit leichten Schwindelzuständen kommen. Selten kann ein Schwindelzustand, unter anderem durch die Wirkung des Lokalanästhetikums, entstehen. Dieser geht aber in der Regel innerhalb einer halben Stunde wieder zurück. Wie bei jeder Injektion besteht die Möglichkeit einer oberflächlichen Infektion am Ort des Einstichs. Eine gute Desinfektion und eine gesunde Haut verringern dieses Risiko erheblich. Bei Verwendung von Kortison können vorübergehend Gesichtsrötung, Hitzegefühl oder Kopfschmerzen auftreten. Dies kommt insgesamt jedoch selten vor. Aus rechtlichen Gründen sind wir dazu verpflichtet, zu erwähnen, dass es aufgrund von Infiltrationen auch schon zu Querschnittlähmungen gekommen ist.
Weitere mögliche Komplikationen entnehmen Sie bitte dem Formular «Patienteninformation Komplikationen», das Sie einige Tage vor dem Sakralblock erhalten und nach dem Lesen und allfälligen Rückfragen unterschreiben. Sollten Sie nicht einverstanden sein und die Erklärung zu den Komplikationen auch nach zusätzlichen Erläuterungen nicht unterschreiben wollen, können wir die Infiltration nicht durchführen. Es gibt Ausnahmen, bei welchen wir Ihnen eine notfallmässige Infiltration vorschlagen und Sie direkt über das Vorgehen und die möglichen Komplikationen informieren. Auch in diesem Fall sollten Sie aber genügend Zeit haben, um sich für oder gegen einen derart kurzfristig angesetzten Eingriff entscheiden zu können.